Das soziale Netzwerk Gab

„Welcome to Gab.com
A social network that champions free speech, individual liberty and the free flow of information
online. All are welcome.“ – Mit diesen Worten werden Nutzer*innen des sozialen Netzwwerkes
„Gab“ begrüßt.

Gab ist ein soziales Netzwerk mit Sitz Philadelphia. Als Twitter-Alternative werden
Nachrichten mit bis zu 3000 Zeichen „gabs“ (von englisch to gab „quatschen“)
verschickt .

 

 

Diskriminierende und menschenverachtende Äußerungen existieren nicht nur auf den
bekannten Plattformen wie Facebook, Twitter und Youtube. Eine eher unbekanntere
Plattform ist das soziale Netzwerk Gab, welche in der Vergangenheit immer häufiger
durch problematische Äußerungen der Nutzer*innen aufgefallen ist.

Problemaufriss
Gab wurde als „Twitter für Rassisten“[1][2] und als „hasserfüllte Echokammer für
Rassismus und Verschwörungstheorien“[3] bezeichnet. Ein Großteil der Nachrichten
enthalte Rassismus, Verschwörungstheorien und Waffenkult.[3][4][5] Bekanntlich
seien mehrere Protagonisten der Rechtsradikalen (Alt-Right), die auf Twitter gesperrt
wurden, zu Gab abgewandert: Insbesondere der frühere Breitbart-Autor Milo
Yiannopoulos, sowie Alex Jones, Richard Spencer und der Gründer der Neonazi-
Website The Daily Stormer, Andrew Anglin.[1][6][7][5] Auch deutschsprachige
Twitter-Nutzer*innen wichen bei Sperrung des Accounts gelegentlich auf diese
Plattform aus.[8] Rechtsextreme Gruppen wie Patriot Front und Atomwaffen
Division sollen sich offen über Gab organisiert haben.[9] Kritikern zufolge sei „die
auf dem Portal gewährte Redefreiheit oft in Hassrede und Terrorpropaganda
umgeschlagen“.[6]

Zuletzt ist die Plattform[10] zu trauriger Berühmtheit mit dem Sturm aufs US-Kapitol
gekommen, wo sich die Angreifer zuvor anscheinend auf der Plattform Gab
organisierten.[10] Die Plattform selbst leugnet selbstverständlich eine Verbindung
dahingehend. Andrew Torba der Geschäftsführer von Gab thematisiert den Marsch
auf das Kapitol und rechtfertigt sich: Er behauptet, dass Gab nichts damit zu tun
hatte:
„Wisst ihr die Medien, die beschuldigen sofort Gab. Obwohl sie gar keine Beweise
haben, tun sie so, als ob Gab der Ort sei, an dem Gewalt organisiert wird. Aber das
stimmt überhaupt nicht. Wir tolerieren keine Gewalt. Das war schon immer so. Und
wir gehen sofort gegen sie vor.“ [11]
Verwunderlich ist jedoch, warum es dann auf der Plattform neben gewöhnlichen
Genregruppen ala Rock, Metal und Gaming auch Gruppen wie Qanon, Trump 2020
QAnon Supporters and the Great Awakening mit 134.000 Mitgliedern gibt.[11]

In Summe ist unserer Einschätzung nach die Plattform Gab ein weiteres Beispiel wie
Nutzer*innen digitale Räume belegen und für sich vereinnahmen, um weitestgehend
kontrollfrei agieren zu können. Auf den herkömmlichen Plattformen ist aufgrund der
zunehmenden Gesetzeslage und des Einzugs eines gepflegten Community-Diskurses
schon lange kein Platz mehr für diskriminierende und menschenverachtende
Gruppierungen.

Gegenmaßnahmen
Auch wenn das Bundesministerium für Inneres ( BMI) alsbald ein Reparaturgesetz
zum sog „Hate Speech Gesetz“ auf den Weg bringt (eigentlich: Gesetz zur
Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität) bleibt die
Strafverfolgung und Identitätsermittlung von Täter*innen von digitaler Gewalt auf
Plattformen wie Gab problematisch. Immer mehr neue Plattformen und Kanäle und
eine zunehmende Abkehr von den herkömmlichen Plattformen stellen die
Justizbehörden vor neue zeitliche als auch praktische Herausforderungen. Denn es ist
nicht lediglich eine Frage der Anwendung und Rechtsdurchsetzung des NetzDG,
indem Kommentare und Äußerungen gemeldet, gelöscht und angezeigt werden. Die
diskriminierenden, menschenfeindlichen Anfeindungen beruhen auf Denkweisen,
welche durch Maßregelung nicht verschwinden.
Lösungsstrategien können daher nur gemeinsam gefunden werden. Hierfür bedarf es
einer Synergie von Gesellschaft, Justiz und einer Sensibilisierung für Gefahren. Die
Isolation von problematischen Netzwerken aus beispielsweise App Stores mag dabei
nur ein erster Schritt sein. Gab wurde insbesondere vom Apple Store, Google Play
Store, Webhostern und etwaigen Bezahldiensten wie Paypal und Stripe
ausgeschlossen.

Handlungsempfehlung
Nach den eigenen Nutzungsbedingungen ist Gab ab 18 Jahren. Dennoch besteht die
Möglichkeit, dass Minderjährige mit diesem Netzwerk in Berührung kommen oder
selbst angemeldet sind. Sollten Sie in Ihren pädagogischen Arbeitsalltag oder Ihre
Kinder mit dem sozialen Netzwerk Gab in Berührung kommen, so gilt es dringend
das Gespräch zu suchen und Hilfe einzuholen. Unsere Ansicht nach ist bei der Nutzung
Vorsicht geboten und genauer hinzuschauen, welche Gruppieren und Personen die
Nutzer*innen folgen.

Für Unterstützung, Fragen und Anregungen stehen wir jederzeit gern zur Verfügung.

Das Team von Fairsprechen

 

 

 

Quellen:
[1]Thor Benson: Inside the “Twitter for racists”: Gab — the site where Milo
Yiannopoulos goes to troll now. In: Salon. 5. November 2016, abgerufen am 26. Juni
2017.
[2]Onlineportal Gab.com – „Twitter für Rassisten“. In: Der Spiegel, 28. Oktober
2018. Abgerufen am 30. Oktober 2018.
[3] Andrew Anthony: Inside the hate-filled echo chamber of racism and conspiracy
theories. In: The Guardian. 17. Dezember 2016, abgerufen am 26. Juni 2017.
[4]Philip Banse:Gab.ai – Eine neue Plattform für die Rechten? In: Deutschlandfunk
Kultur. Abgerufen am 26. Juni 2017.
[5]Karin Janker: Wo der Hass im Netz hofiert wird. In: sueddeutsche.de. 28. Oktober
2018, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 28. Oktober 2018]).
[6]Nach Anschlag auf US-Synagoge: Hoster zieht bei Twitter-Alternative Gab den
Stecker. In: Heise online, 29. Oktober 2018. Abgerufen am 31. Oktober 2018
[7]Michael Moorstedt: Gab.ai: Neue Online-Heimat für Alt-right-Bewegung. In:
Süddeutsche Zeitung. 21. November 2016, abgerufen am 26. Juni 2017: „Derweil hat
sich Twitter mühsam dazu durchgerungen, mehrere prominente Profile der
sogenannten Alt-right-Bewegung zu sperren, die notorisch gegen Frauen,
Minderheiten und andere vermeintlich hilflose Menschen hetzt.“
[8]Peter Mühlbauer: FDP: Wahlkampf mit Meinungsfreiheit. In: Telepolis. 1. Juni
2017, abgerufen am 6. Juni 2017.
[9] Far-Right Site Gab Ditched by Cloud Host Joyent, Suspended by Stripe Amid
Synagogue Massacre [Update: GoDaddy Yanks Domain]. In: Gizmodo, 28. Oktober
2018. Abgerufen am 31. Oktober 2018
[10] https://www.derstandard.de/story/2000123143883/sturm-auf-das-kapitol-parlergab-
dlive-wo-sich-die, abgerufen: 08.02.2021, nicht nur: Gab, sondern auch
Plattform wie „Parler“ standen in der Diskussion, wo Angreifer sich organisierten.
[11] zitiert anhand eines Selbsttests:
https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/gab-ist-eine-plattform-fuerrechtsextreme100.
html, abgerufen am: 08.02.2021